Ostpolitik
Im Mai 1972 fanden die "Ostverträge" (der "Moskauer" und der "Warschauer Vertrag") die Zustimmung des Deutschen Bundestages. Dem ging ein langes politisches Ringen voraus und es folgten weitere innenpolitische Auseinandersetzungen. Selten wurde eine Bundestagswahl so maßgeblich von einem "außenpolitischen" Thema bestimmt wie die Bundestagswahl im November 1972, die die sozialliberale Bundesregierung mit Bundeskanzler Willy Brandt und ihre "Ostpolitik" so eindrucksvoll bestätigte.
Auch international brachte die "Ostpolitik" der deutschen Außenpolitik große Anerkennung. Willy Brandt erhielt für sein entspannungs- und friedenspolitisches Engagement Ende 1971 den Friedensnobelpreis.
Wie Peter Bender schon mit dem Titel seines Buches "Die Ostpolitik Willy Brandts oder die Kunst des Selbstverständlichen" und später im Text den ostpolitischen Ansatz der Regierung Brandt/Scheel zusammenfasst: Die Regel "ausgehen von dem, was ist" gehöre zu den Grundregeln der Politik, aber das Selbstverständliche sei zum Ereignis geworden, weil es sich zwanzig Jahre lang nicht von selbst verstand.
Er zitiert Willy Brandt (1970) zu einem weiteren zentralen Begriff: "Der Kern unserer Politik ist der Gewaltverzicht. Dieser Gewaltverzicht soll Grundlage für eine Verbesserung der Beziehungen zu allen osteuropäischen Staaten sein."
Ein weiterer Schlüsselbegriff ist "Anerkennung", die Anerkennung des nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Status quo. Durch Gewaltverzicht und Anerkennung des Status quo sollte politischer Gestaltungsspielraum zur Veränderung des Status quo gewonnen werden - und der, wie wir heute wissen, auch tatsächlich erreicht wurde.
Wichtig für die Beurteilung der "Ostpolitik" und ihre Ergebnisse sind sowohl die programmatischen "Vorarbeiten" in den 1960er Jahren - z. B. das von Egon Bahr am 15. Juli 1963 vor der Evangelischen Akademie in Tutzing formulierte Prinzip "Wandel durch Annäherung" als Zielsetzung deutscher Außenpolitik oder die Schriften der Kirchen und kirchlichen Gruppen - wie auch die "politische Großwetterlage":
So wurde nach Vorbereitungen seit 1972/73 am 1. 8. 1975 in Helsinki die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" (KSZE) von Staats- und Regierungschefs aus 35 Ländern unterzeichnet.
Hervorgehoben werden muss der deutschlandpolitische und der sicherheitspolitische Kontext der "Ostpolitik", entsprechend ist das Thema hier gegliedert.
Es bleibt bemerkenswert, mit welch breitem Engagement und großer Leidenschaft damals in Deutschland für (und zu einem Teil gegen) die "Ostpolitik" und den friedlichen Ausgleich mit den Nachbarn in Mittel- und Osteuropa öffentlich gestritten wurde - um letztendlich die Erstarrung in den Ost-West-Beziehungen zu überwinden und die politischen Gestaltungsmöglichkeiten zu vergrößern: "Wandel durch Annäherung".
Heute ist Deutschland vereint und die Nachbarländer in Mittel- und Osteuropa sind zum größten Teil Mitglieder der Europäischen Union - aber gibt es in Deutschland und in den Nachbarländern eine vergleichbare breite gesellschaftliche Debatte und politische Initiativen und Bewegungen, z. B. die Europäische Union weiter zu entwickeln? Eine breite politische Diskussion über eine europäische Verfassung böte hier eine Chance.
Die Medienberichterstattung vermittelt heute häufig den Eindruck, dass mehr über die Vergangenheit als über Ideen für eine gemeinsame europäische Zukunft gestritten wird - nicht selten mit dem Ziel, den Streit über die Vergangenheit heute jeweils innenpolitisch zu instrumentalisieren.
Die Förderung des Dialoges und des Austausches von Menschen und Ideen, besonders auch mit den Nachbarn in Mittel- und Osteuropa, ist Ziel und Aufgabe der Friedrich-Ebert-Stiftung seit Jahrzehnten.
Wir bieten der interessierten Öffentlichkeit, den Schulen und den Einrichtungen der gesellschaftspolitischen Erwachsenenbildung hier eine Auswahl von Volltexten und anderen Informationen, die weder vollständig noch repräsentativ sind - aber zu weiterer Beschäftigung und Recherche anregen können.
Die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung ist auch bei diesem Thema sehr stark am Dialog mit den Nutzern dieses Angebotes interessiert. Kritik und Anregungen sollen in die Aktualisierung und Weiterentwicklung dieses Themenmodules einfliessen.
Dank einer Förderung durch die Erich-Brost-Stiftung kann die Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung Internetnutzern hier diese große Zahl von digitalen Volltexten, Literaturhinweisen und anderen Informationen anbieten.
In diesem Zusammenhang sind für die Nutzerinnen und Nutzer unserer Netzangebote sicher auch folgende Themenmodule der "FES-Netz-Quelle: Geschichte und Politik" von Interesse: "Deutsch-Polnische Beziehungen", "Zwangsmigrationen und Vertreibungen im Europa des 20. Jahrhunderts", "Gewerkschaften in Mittel- und Osteuropa" sowie "Europäische Identität" der Online-Akademie der FES.
Die thematische Gliederung soll dem Nutzer den Überblick erleichtern, thematische Überschneidungen sind jedoch nicht zu vermeiden. Die Auswahl der Titel bietet grundlegende Informationen zu verschiedenen Aspekten des Themenbereiches.
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Rainer Gries
Stellvertretender Leiter der Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
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